Inzwischen ist eine weitere Woche ins Land gezogen. Jess ist stolz auf seinen Kaltblutnachwuchs, den er auf der Weide besucht.
 

 
Alles geht den Gang der Dinge aber das Schicksal der Siouxindianerin mit ihrem Baby lässt ihn nicht los. Laura merkt es und lässt Jess die Cheyenne besuchen, da sie auch nicht weit weg auf dem Gebiet der Tumbleweedranch ihre Tipis aufgeschlagen haben. Leotie steht mit ihrem Pferd vor dem Tipi und begrüßt Jess herzlich.
 

 
Er fragt gleich nach wie es Chumani und Wakanda geht.
Aus Leotie sprudelt es nur so heraus:
"Sie ist gesund, Takoda hat es geschafft. Sie wird jeden Tag kräftiger und kann auch wieder Wakanda auf ihrem Rücken tragen und sich selbst um ihn kümmern. Sie lernt schnell unsere Sprache, die sich doch von Sioux unterscheidet und sie kann gut mit Pferden umgehen. Bei der Frauenarbeit im Tipi hilft sie schon so gut mit wie sie kann. Sie muss sich noch häufig ausruhen und ist noch nicht so ausdauernd."

Chumani nickt Jess freundlich zu und geht mit Wakanda auf ihrem Rücken zu den Pferden.

 

 
Jess sieht mit Wohlwollen, dass sie sehr freundlich mit den Pferden spricht. Fast alle Indianerfrauen können gut mit Pferden umgehen, müssen sie doch als Frauenpferd dienen und die schweren Tipis auf den Wanderschaften der Stämme dem Wild hinterher auf Travois ziehen.

Jess sucht mit seinen Blicken die Männer der Cheyenne. Da sieht er Takoda mit mürrischer Miene vorbei reiten.

 

 
Jess fragt sich was Takoda für eine Laus über die Leber gelaufen ist. So kennt er ihn gar nicht.

Er springt vom Pferd und lässt es mit den anderen laufen. Er geht ohne ein Wort zu sagen an Jess vorüber in sein Tipi. Chato blickt mit den Augen fragend zum Himmel.

 

 

 
Jess hat seinen Sohn mitgenommen. Raylan spielt gern mit den Indianerkindern. Jess findet es wichtig, dass sein Sohn die Kultur der Cheyenne frühzeitig kennenlernt.

Chato begrüßt Jess:
"Willkommen mein Bruder! Mein Herz ist voller Freude, dass du hier bist mit deinem Sohn. Ich weiß nicht was ich tun soll Grauer Wolf. Wir müssen dringend reden."

 

 
Chato holt eine Felldecke und breitet sie aus. Schon seine Art sich zu bewegen zeigt den anderen Stammesmitgliedern, dass er nicht gestört werden will.
 
 
Chato beginnt:
"Grauer Wolf, du hast sicher schon bemerkt, dass Takoda sich völlig verändert hat. Er ist in sich gekehrt, vergisst zu grüßen, hat für Stammesbrüder und -Schwestern, die seine Hilfe brauchen, kaum Zeit. Er war in den letzten Tagen dauernd in der Schwitzhütte um die Geister zu befragen. Anscheinend bekommt er keine Antworten. Er isst und trinkt kaum noch und ist völlig abwesend in einer Geisterwelt. Wir wollen alle unseren freundlichen und gütigen Medizinmann, den Freund aller, zurückhaben. Ich habe Takoda beobachtet. Er ist so verändert seit du Chumani und Wakanda in unser Lager gebracht hast. Er hat all sein Wissen eingesetzt um ihr zu helfen und er hat es geschafft. Er hat viele Male am Tag ihre wundgelaufenen Füsse mit einem Brei aus Kräutern behandelt und ich sage es nur dir mein Bruder, er sieht Chumani nicht nur mit den Augen eines Medizinmannes an. Ich glaube sein Herz schlägt für Chumani."

Jess grinst breit:
"Chato, es beruhigt mich, dass nicht nur ich es gesehen habe. Takodas Blick, als er Chumani mit dem Zweig der Hemlocktanne bestrichen hat, sagt alles.

 
 
Als Weißer würde ich jetzt sagen, Takoda hat sich über beide Ohren verliebt. Es hat ihn wie der Blitz aus heiterem Himmel getroffen. Chato, was ist jetzt so schlimm daran? Darf ein Medizinmann sich nicht verlieben?"

Chato antwortet:
"Doch mein Bruder, das Schöne ist, dass es Chumani auch wohl so geht. Man merkt, dass sie jede Gelegenheit nutzt um mit ihm zu sprechen. Aber Takoda geht ihr aus dem Weg. Er kommt auch nicht mehr zu Leotie und mir ins Tipi um mit uns gemeinsam zu essen."

Jess grinst:
"War unser verliebter Medizinmann schon mit Chumani unter einer Decke?"
(Nein, das ist jetzt nicht was Ihr alle denkt. In der Kultur der Plainsindianer kam das Einverständnis zu einer Heirat teils als Abkommen zwischen den Familien oder zwischen den beiden Partnern zustande.
In manchen Fällen war ein Abkommen zwischen den Familien maßgeblich aber noch häufiger war die Einwilligung zwischen Mann und Frau. Für die Verliebten läuft das Liebeswerben nach einem bestimmten Verfahren ab. Wenn ein junger Mann mit seiner Holden reden wollte, musste er sie vor ihrem Tipi treffen. Um mit ihr in aller Öffentlichkeit sprechen zu dürfen, durfte er sie in seine Decke einhüllen. Bevorzugt passierte das in der beginnenden Dämmerung. Unter der Decke redeten die Verliebten über alles was sie bewegte und schmiedeten Pläne für die gemeinsame Zukunft.)

Chato anwortet:
"Nein, eben nicht. Vermutlich ist es das was ihn quält und so unausstehlich macht. Chumanis Blicke sprechen Bände. Für sie wäre eine Heirat nur gut. Sie hat keine Stammesbrüder mehr von denen sie einer heiraten könnte. Sie ist ganz allein mit Wakanda."

Jess meint:
"Bei euch ist es normalerweise so, dass wenn ein Krieger stirbt und eine Frau mit Kindern zurücklässt, ein Schwager sie zur Frau nehmen würde auch wenn er schon verheiratet ist."

Chato antwortet:
"Ja, deshalb gibt es bei uns auch kaum Waisenkinder wie bei euch Weißen. Grauer Wolf, ich habe mit unseren Stammesältesten gesprochen. Takoda ist allein und geht zu allen Familien abwechselnd ins Tipi um zu essen. Wir tun das alle gern, weil Takoda auch immer für uns da ist wenn einer krank ist oder um bei den Geistern um etwas zu bitten. Es hat aber niemand etwas dagegen, wenn Takoda wieder eine Familie hätte. Er ist noch zu jung um allein zu sein. Ich habe versucht mit ihm zu sprechen aber er guckt mich nur mit einem Blick an, der mir sagt, dass es mir nicht zusteht ihm zu raten.
Kannst du mit ihm reden und ihm einen Weg zeigen?"

Jess ist sehr nachdenklich. Irgendetwas hindert Takoda daran wie er sagen würde Nägel mit Köpfen zu machen:
"Chato, dein Vater Red Cloud hat immer gesagt, man soll nicht über einen anderen urteilen, wenn man nicht in seinen Mokassins gelaufen ist. Aus seiner Sicht wird Takoda einen Grund haben. Ich versuche es herauszufinden, wenn er mit mir sprechen will."

Jess läuft durch das Lager und sucht Takoda. Nach einer Runde durch das Tipilager findet er ihn meditierend auf einer Decke sitzend.

 
 
Jess berührt ihn vorsichtig. Daraufhin ist Takoda schlagartig in der Gegenwart.
"Willkommen Grauer Wolf, was führt dich zu uns? Bist du krank?"

Jess antwortet:
"Takoda, mir geht es gut aber auch wieder nicht, wenn ich sehe wie du dich quälst. Was ist los mit dir?
Du warst schon wieder in der Schwitzhütte. Haben dir die Geister geholfen? Du siehst schlecht aus und solltest erst trinken und essen. Danach reden wir weiter."

Takoda hat obwohl er der Ältere ist Respekt vor Jess und nimmt Wasser aus seiner Feldflasche und kaut ein Stück Dörrfleisch. Jess fährt fort mit dem Gespräch:
"Takoda, was ist los mit dir? Du bist gar nicht mehr du selbst sondern mürrisch, abwesend und wenn ich in deine Augen sehe voll Traurigkeit."

Der Medizinmann guckt Jess an:
"Grauer Wolf, was wir reden bleibt unter uns. Du hast Chumani in mein Leben gebracht und nichts ist mehr wie es vorher war. Mein Herz klopft wenn ich sie nur von weitem sehe und ich kann an nichts anderes mehr denken. Ich darf es aber nicht."

Jess guckt Takoda verständnisvoll an:
"Warum darfst du nicht verliebt sein wie jeder andere Mann oder Frau auch? Irgendwann erwischt es doch jeden. Ich wüsste nicht, dass ein Medizinmann nicht heiraten darf. Was hindert dich daran um Chumani zu werben?"

Takoda antwortet:
"Grauer Wolf, du warst sehr, sehr lange fort auf den Rodeos mit deinem Bullriding. Es waren über acht Jahre nach eurer Zeitrechnung. Wir haben uns aus den Augen verloren. Ich habe in der Zeit eine wunderschöne Frau, Chenoa, geheiratet und wir hatten gerade unser erstes Kind, einen Sohn. Ich war so stolz auf die Beiden und habe sie so sehr geliebt. Da kam eure Armee. Gegen Lebensmittel weil wir hungerten ohne Büffel und einen Wagen voller Decken wurde uns wieder ein Stück Land genommen. Ich war zu stolz um die Decken der Weißen zu nehmen und habe lieber gefroren als der Frost in die Tipis kam. Viele Krieger, Frauen und Kinder haben die warmen Decken genommen. Was sie nicht wussten und ich bin heute noch überzeugt, die Armee wusste es, in den Decken steckte der Tod. Typhus, wie ihr Weißen die Krankheit nennt. Über die Hälfte der Cheyenne wurde dadurch ausgelöscht. Ich habe Tag und Nacht geholfen und die Menschen meines Stammes sterben sehen. Ich konnte auch Chenoa und unserem Sohn nicht helfen. Ich habe mein Elend Mutter Erde und Vater Himmel laut schreiend mitgeteilt, meine Familie nach Art der Cheyenne beerdigt und dann haben mir die Geister in der Schwitzzeremonie gesagt, ich soll allen helfen, die meine Hilfe brauchen aber nicht mehr heiraten. Ich darf keine Frau mehr heiraten."

Jess atmet schwer zu diesem Abschnitt aus Takodas Leben, der ihm unbekannt war und wieder schämt er sich ein Weißer zu sein. Für einen Trost fehlen ihm die Worte.
"Du hast recht. Ich war sehr lange fort und bin immer nur über die Weihnachtstage nach Hause gekommen. Ich habe in der Zeit wenig an euch gedacht und war mehr mit mir und der Tatsache, dass ich schnell Geld verdienen musste beschäftigt, damit wir die Ärzte wegen der Krankheit meiner Mutter bezahlen und die Ranch halten können. Takoda, wenn du um Chumani werben würdest, wärst du dann ein schlechter Medizinmann? Sicher nicht mit deinem Wissen um heilende Kräuter. Du hast gesagt, die Geister hätten dir gesagt, dass Laura und ich einen Sohn haben würden. Es war aber eine Tochter, Samantha, die ich über alles liebe. Ich bin glücklich wenn ich mit ihr spiele.

 
 
Vielleicht irren sich die Geister oder du hast etwas falsch herausgelesen Takoda. Chatos Vater Red Cloud und auch du haben mir immer gesagt ich soll nicht mit den Augen sehen sondern mit dem Herzen. Dann tu du es doch auch. Chumani mag dich, allein wie sie dir nachsieht und Wakanda würdest du in der Tradition der Cheyenne erziehen. Ihr schreibt nichts auf sondern teilt euer Wissen mit Worten der nächsten Generation mit. Vielleicht heißt- hat magische Kräfte-, dass Wakanda ein Medizinmann wie du wird. Du bist ein angesehener Mann der Cheyenne, hast viele Pferde, ein Tipi, nur eine Familie nicht. Niemand hat etwas davon wenn du weiter einsam lebst Takoda. Überlege es dir, es ist die Chance ein einsames Leben zu beenden. Es ist doch viel schöner mit einer eigenen Familie zu essen und sein Leben zu teilen als bei anderen zu essen und dann wieder zu gehen weil man nicht stören möchte."

Takoda hört Jess zu ohne etwas zu sagen oder zu unterbrechen:
"Grauer Wolf, was ist das für eine Welt in der mir ein Weißer sagt was ich tun soll? Ich vertraue dir, du willst uns nichts Böses und hast immer geholfen wenn wir in Not waren. Ich weiß gar nicht mehr wie es ist eine Frau und Familie zu haben. Es ist schon so lange her. Ich muss überlegen."

Jess grinst:
"Ein Hüne wie du wird schon seinen Mann stehen. Du würdest Chumani ein guter Mann sein und sie dir eine gute Frau. Sie ist Sioux und du Cheyenne, aber eure Völker vermischen sich ohnehin. Wichtig allein ist, dass ihr euch liebt und wenn die Geister es wollen, dann wird es so sein. Werbe um Chumani, mach es für alle sichtbar und alles wird gut."

Jess lässt einen nachdenklichen Medizinmann zurück. Chato ist neugierig und fragt Jess was das Gespräch ergeben hat.

 
 
Jess antwortet:
"Chato, ich habe ein gutes Gefühl. Takoda braucht noch Zeit um nachzudenken. Euer Medizinmann kann sturer sein als ein Rocky Mountain Ziegenbock."
 
 
Chato lacht:
"Mein Bruder bringt mich immer zum lachen. Aber es stimmt was du sagst. Sollte er sich für Chumani entscheiden dann wird er auf dich zukommen und dich bitten, dass du weil Chumani keine Familie mehr hat, als Brautvater einspringst. Du hast sie in sein Leben gebracht."

Jess ist sehr erstaunt:
"Wie ich als Brautvater? Dazu bin ich doch zu jung. Ich bin kein Cheyenne. Würde er nicht eher dich als Häuptling darum bitten?"

Chato klärt ihn auf:
"Das ist eine Ehre, die du nicht ablehnen kannst. Ich weiß, dass er so handeln wird. Ich kenne ihn.
Er wird mit Freuden die Pferde aussuchen, die dem Brautvater zustehen."

Jess ist immer mehr durcheinander. Er hat schon Hochzeiten bei den Cheyenne erlebt. Es ist üblich, dass die Brauteltern Pferde bekommen, da die zukünftige Braut als Arbeitskraft in diesem Familenclan nicht mehr zur Verfügung steht. Je mehr Pferde eine Braut wert ist, um so wertvoller ist die Braut.

"Chato, die Pferde sind sein Reichtum. Das will ich ihm nicht nehmen. Ihr braucht sie zum Ziehen der Travois und noch wichtiger für die Jagd."

Chato antwortet:
"Mein Bruder, was nichts kostet ist auch nichts wert würdet ihr Weißen sagen. Nimm die Pferde wenn er dich fragt auch wenn du genug hast. Das ist Sitte und so muss es sein."

Jess reitet nach diesem Gespräch nachdenklich mit Raylan nach Hause und fragt sich wie sich Takoda wohl entscheidet. Er selbst ist glücklich Raylan beim Reiten auf seinem Pony zuzusehen.

 
 
Wie wird sich der Medizinmann entscheiden?