Die Tage verfliegen mit der üblichen Arbeit und der besagte Freitag, der 13. ist da. Jess`Frau Laura will ein paar Tage auf die Double X zu ihren Eltern, überlegt noch ob sie warten soll bis Jess wieder zurück ist aus Laramie, aber er schickt sie auf den Weg mit lieben Grüßen an die Schwiegereltern und Schwager und Schwägerinnen. Laura nimmt den zuverlässigen Southern Star und meint zu Jess, dass er sich langsam auf den Weg nach Laramie zum Bahnhof machen müsste.
 
 
Jess meint nur, dass der Zug sowieso Verspätung hat und nie pünktlich ist. Er sieht Laura zu wie sie wegreitet und holt sich sein schnelles bay roan Quarterhorse Dandy von der Weide.
 

 

 
Auf dem Ritt nach Laramie überlegt Jess immer noch was es mit dem Telegramm auf sich hat, kommt aber zu keinem Ergebnis. Auf jeden Fall muss es mit seinem fast halbjährigen Aufenthalt in New Orleans nach seinem Unfall beim Bull Riding auf dem Rodeo zusammenhängen. Das ist inzwischen schon länger als drei Jahre her. Er wechselt Schrittphasen mit Galopp ab und kommt passend in Laramie an. Der Zug pfeift schon in der Ferne und es bleibt Jess noch genug Zeit Dandy in Harrys Mietstall unterzubringen. Danach schlendert er zum Bahnhof wo der Zug gerade anhält. Er steht vor den Viehwaggons, die seine Aufmerksamkeit immer magisch anziehen. Ein Zugbegleiter lässt mit lautem Knall die Rampe runter und kommt dann mit einem wunderschönen Palomino Missouri Foxtrotter an, der aber nicht die Rampe herunter gehen mag. Jess guckt einmal und dann noch einmal und kann es gar nicht glauben. Er ruft
Halt, ich mach das selbst! Ihr lasst die Pferde stundenlang stehen und dann sollen sie fix die Rampe runter. Ihr müsst den Zug länger stehen lassen bei Viehverladungen. Die haben doch alle steife Beine und dann gleich die steile Rampe runter!

Der Zugbegleiter
Ich weiß, aber ich muss den Fahrplan einhalten! Sieh zu, dass du den Gaul schnell runterbekommst!

Jess spricht mit dem Palomino
Hi Rover, du kennst mich ja doch noch nach der langen Zeit!

Rover wiehert laut und schnaubt ganz zufrieden. Jess springt die Rampe rauf, greift das Halfter und Rover folgt ihm brav herunter. Jess spricht weiter mit Rover.
He Junge, hast du deine Besitzerin mitgebracht?

 
 
Jess führt den Palomino etwas herum damit er sich die steifen Beine nach der langen Fahrt vertreten kann.
 
 
Inzwischen leeren sich auch die Personenwagen mit den Leuten für die Laramie Endstation ist. Jess bekommt nicht mit, dass eine vornehm angezogene Lady aus den Südstaaten mit einem kleinen Mädchen an der Hand aussteigt. Die Kleine sagt
Tante Tara, guck mal, der fremde Mann hat Moms Rover.

Tara
Halt deinen Mund! Das ist schon richtig so. Der Cowboy bekommt Rover, dann soll er sich auch gleich selbst kümmern.

Jess erkennt die Stimme und dreht sich um.
Hallo Tara, du? Warum kommt deine Schwester Melva nicht selbst?

Tara
Hi, Cowboy, mein Vater wollte Rover erschießen. Melva wird nie mehr irgendwohin kommen. Rover gehört dir, sie wollte es so.

Jess versteht jetzt gar nichts mehr.
Warum Rover erschießen? Was ist mit Melva?

Tara
Du weißt, dass Melva immer sehr wagemutig geritten und gesprungen ist. Vor drei Wochen ist sie wieder einmal sehr hoch gesprungen und hatte einen Unfall bei dem ihr Kopf auf einem großen Stein aufschlug. Sie hat anscheinend im Damensattel nicht mehr das Gleichgewicht halten können. Unser Vater hat Rover dafür die Schuld gegeben. Melva ist ein paar Tage nach dem Unfall im Krankenhaus gestorben. Ihre Kopfverletzung war zu schwer.

Diese Neuigkeiten muss Jess erst einmal verdauen. Er hatte damals eine schöne Zeit mit Melva, aber sie sind beide überein gekommen, dass die Liebe wohl nicht für ein ganzes Leben reicht. Sie waren doch beide zu verschieden.

Jess, nachdem er sich etwas gefasst hat
Rest in peace Melva. Tara, ich habe deine Schwester damals wirklich geliebt. Ich habe sie auch nie zum Springen ermuntert. Diese verfluchten Damensättel! Ich habe immer zu ihr gesagt, schaff dir einen vernünften Herrenspringsattel an. Aber sie wollte ja nicht hören! Ich muss gestehen, dass ich mir manches Mal nur noch die Augen zugehalten habe. Euer verflixter Südstaatenstolz! Aber warum kommst du selbst und hast Rover nicht einfach den Bahnleuten überlassen? Ich weiß, dass du mich nicht leiden kannst genauso wie dein Vater. Hast du jetzt noch einen Schlag in den Magen für mich?

Tara grinste
Ich denke, der größte kommt noch für dich Cowboy. Guck dir mal meine Begleitung an! Deshalb musste ich persönlich fahren. Meine Schwester wollte es so.

Jess
Kann man dir und deinem Mann zum dritten Kind gratulieren? Nettes kleines Mädchen!

Tara lacht
Guck mal genauer hin Cowboy! Jolene, der fremde Mann ist dein Dad und du wirst mit ihm gehen.

Jess wurde ganz blass und stammelte
Ja, nein, wie? Hm wie ist schon klar aber... warum hat Melva nie etwas geschrieben von der Kleinen? Sie hatte meine Anschrift. Ich bin nicht einfach abgehauen. Ich hätte doch dazu gestanden. Sie muss es nicht gewusst haben als ich nach Hause gefahren bin. Warum habe ich nie die Chance bekommen Vater sein zu können? Melva hat sich nie gemeldet, die ganzen Jahre nicht. Ich hätte sie doch hierher geholt. Es ist inzwischen so viel passiert. Ich bin verheiratet.

Tara
Vermutlich die Frau, deren Bild du hattest außer dem von deinen Eltern. Melva hat es mir erzählt. Ihr hattet ja eure Schwierigkeiten. Melva hätte nie ihre Eltern verlassen und wäre in die Einsamkeit der Rocky Mountains gezogen und du wolltest nie im Leben in der Großstadt leben. Das mit dem Kind hat sich erst später herausgestellt. Meine Schwester hat die Kleine geliebt, aber jetzt ist sie nicht mehr. Wir sind schon zu Viert und haben genug Mäuler zu stopfen und meine Eltern erinnert Jolene immer optisch an dich Cowboy. Du weißt, dass Vater nie etwas für Rodeo und dann noch Bull Riding über hat. Er hat immer gesagt, du liebst das Rodeo mehr als Melva dich liebt.
Hier ist die Geburtsurkunde. Du bist als Vater eingetragen und hast jetzt also das Sorgerecht. Melva ist nach dem Unfall im Krankenhaus noch einmal zu sich gekommen und hat bestimmt, dass Jolene und Rover zu dir sollen. Sie meinte, du würdest ein guter Vater sein und dich kümmern und für Rover wäre es auch besser so. Sie wusste da wohl schon, dass sie es nicht schaffen würde. Sie ist dann ins Koma gefallen und nach drei Tagen gestorben. Ehrlich gesagt wollten wir Jolene ins Waisenhaus geben und zur Adoption freigeben, aber das wäre nur mit deiner Unterschrift gegangen.

Jess verstand die Welt nicht mehr.
Da hättet ihr warten können bis ihr schwarz werdet! Man gibt doch nicht sein Kind weg wie einen Gegenstand den man nicht mehr haben will. Sorry, dass ich das jetzt vor dem Kind sage, aber du bist immer noch dieselbe Klapperschlange, die ihr Gift verspritzt wie früher. Wer euch als Verwandtschaft hat braucht keine Feinde mehr. Gut, dass es nie dazu gekommen ist! Deine Schwester war ganz anders. Hier hast du die Dollars für eure Fahrt und die von Rover. Das müsste auch noch reichen für einen Blumenstrauß auf Melvas Grab als letzten Gruß von mir, wenn es nicht zuviel Mühe macht. Der Boss der Tumbleweedranch bleibt niemandem etwas schuldig.

Über Jolenes Gesicht huschte ein Lächeln über die Antwort mit der Klapperschlange. So hatte lange niemand mit ihrer Tante gesprochen.

Tara
Ich habe noch etwas vergessen. Hier ist eine Kopie des Totenscheins meiner Schwester. Dann kannst du mit dem Blag machen was du willst Cowboy! Du wirst es bald leid sein, kannst sie ja weggeben. Au revoir! Ich habe den Wunsch meiner Schwester erfüllt und fahre jetzt mit dem Gegenzug wieder zurück nach New Orleans.

Tara zog ab und Jess stand da mit den Papieren in der Hand und einem kleinen fast dreijährigen Mädchen, das ihn fragend ansah. Er war noch nie so ratlos. Die Beiden musterten sich gegenseitig und Jess meinte
Jolene, so wie es aussieht bin ich wohl dein Dad und wir müssen miteinander auskommen. Deine Mutter hat dir einen schönen Namen gegeben. Wir holen jetzt Rover und dann sehen wir weiter.

Jess will Jolene an die Hand nehmen, aber sie weicht ängstlich zurück.
Kleines, du bist wie einer meiner Mustangs, die sich nicht anfassen lassen wollen. Ich will dir doch nichts Böses.

Jolene mustert Jess sehr genau. Er lehnt sich an den Anbindebalken für die Pferde und macht ein sehr nachdenkliches Gesicht. In dem Moment kommt Sam aus dem Saloon und will den Bürgersteig fegen.
Hi Jess, du bist in der Stadt? Willst du keinen Whisky? Du machst ein Gesicht als hätte es dir die Petersilie verhagelt.

Jess
Viel schlimmer! So viel Whisky wie ich jetzt brauche hast du im ganzen Laden nicht.

Sam grinste.
Sag mal, ist es ein Zufall, dass die Kleine dir so ähnlich sieht?

Jess
Nein, sie ist meine Tochter. Ich bin soeben Vater geworden.

Sam lacht.
Na dann viel Spaß mit deinem alten Herrn und vor allem mit deiner Laura. Das wird ihr nicht gefallen.

Zu allem Überfluß taucht jetzt noch der Doc auf und ihm fällt gleich auf, dass die jungenhafte Unbekümmertheit, die Jess sonst immer zeigt, verschwunden ist. Sein Blick fällt erst auf den Palomino, den Jess am Balken angebunden hat und dann auf das kleine Mädchen, das in einiger Entfernung mit ein paar Steinen spielt. Der Doc zählt gleich eins und eins zusammen. Die Ähnlichkeit lässt sich nicht leugnen.
Was ist denn mir dir los Jess, ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter?

Jess grummelt
Ja. die Kleine ist meine Tochter, ja, sie ist nicht ehelich. Sonst noch Fragen? Super Überraschungen aus der Vergangenheit kann ich nur sagen. Langsam glaube ich auch noch an Freitag, den 13., schlimmer kann es ja nicht kommen.

Jess schickt einen Blick zum Himmel.
Melva, Rover hätte völlig genügt.

Der Doc verbeißt sich das Grinsen.
Wenn du jemanden zum Reden brauchst, lass uns in meine Praxis gehen.

Gesagt, getan. Doc Sherman, die Ärztin taucht auch noch auf und bekommt Jess`Nöte mit. Ihr fällt auch gleich auf, dass die Kleine sehr ängstlich ist und meint, sie wollte sie einmal untersuchen wogegen Jess nichts hat. Er meint zum alten Doc
Sag mal, du spielst doch ab und an Schach mit meinem alten Herrn. Wie steht er zu Enkelkindern?

Doc
Frank wartet schon lange, dass er noch Enkel erleben kann und sagt immer, du hättest anscheinend keine Eile mit einer Familiengründung. Nun ist es etwas anders gekommen.

Jess
Keine Ahnung wie das passieren konnte. Ich habe doch immer aufgepasst.
Mein Alter ist aber so weit fit, wenn ich das jetzt so Knall auf Fall machen muss, nicht dass er einen Herzkasper bekommt. Entweder tobt er wie ein Irrer, er ist doch so konservativ, oder ihm verschlägt es die Sprache wie mir.
Da wird es kein Ding dazwischen geben. Vielleicht sollte ich mich hier im Hotel einquartieren. Ich glaube ich kann mich gleich erschießen.

Der Doc lacht.
Hast du eine Ahnung wie viele Kinder schon trotz Aufpassen entstanden sind!
Nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird. Du packst den Stier sonst auch bei den Hörnern Jess. Dafür habe ich dich immer bewundert! Was Laura betrifft, sie wird dir dafür keinen Orden umhängen aber sie mag Kinder. Das wird die Kleine schon machen.

Jess
Eigentlich ist sie doch recht gut geraten. Sie hatte eine hübsche Mutter, die leider zu früh von der Welt musste, weil sie die Grenzen zur Gefahr immer überschritten hat. Ich glaube nach Melvas Tod hat die Verwandtschaft die Kleine ganz schön herumgeschubst.

Doc Sherman kommt aus dem Nebenzimmer, guckt Jess finster an und ruft den Doc zu sich. Jolene hat sehr viele blaue Flecken am ganzen Körper und Doc Sherman hat Jess in Verdacht.

Der alte Doc schüttelt nur den Kopf und meint
Du hattest Recht Jess. Das Kind war dort nicht willkommen.

Zu Doc Sherman
Ich kenne Jess seit er 9 oder 10 Jahre alt ist. Der würde nie seine Hand gegen Frauen oder Kinder erheben auch wenn er sonst in jungen Jahren keine Prügelei ausgelassen hat.

Jess guckt sich Jolene an und meint
Du siehst ja schlimmer aus als ich in meinen Bullrider Zeiten. Du kommst jetzt mit auf die Ranch und dort wirst du es gut haben. Das verspreche ich dir.

Jess lächelt sie an und sie lässt sich von ihm wieder anziehen. Zaghaft kommt ein
Danke Dad!

Jess bedankt sich bei den beiden Docs und macht sich auf den Weg nach Hause. Sie holen Dandy aus dem Mietstall und Rover kommt als Handpferd mit. Harry staunt über Kind und Pferd. Jess spult wie gewohnt sein Programm ab.
Ja, sie ist meine Tochter, ja sie ist nicht ehelich, sonst noch Fragen?

Harry grinst
Du bist aber ganz schön gereizt. Kriegst du so alles mit? Das Pferd ist ja absolute Sonderklasse.

Jess steigt auf seinen Dandy und nimmt Jolene vor sich aufs Pferd.

 
 
Jess zieht los mit Jolene und Rover als Handpferd.
 
 
Zu Hause angekommen ist Patrick am Stall und Jess erzählt ihm was passiert ist. Patrick kümmert sich um Dandy und nimmt die Kleine mit in den Stall, weil sich Jess entschieden hat seinem Dad die Überraschungen scheibchenweise zu zeigen. Es dauert auch nicht lange, da kommt sein alter Herr.
 
 
Frank ist von dem schicken Foxtrotter begeistert, guckt dann aber in das Gesicht seines Sohnes und weiß, dass da wohl noch etwas ist.
Na Jess, was hast du noch mitgebracht, einen räudigen Hund, eine Katze, die einer ersäufen wollte, spucks schon aus! Ich warte!

Jess holt tief Luft.
Wenn es das nur wäre!
Jolene, komm mal zu deinem Dad! Herzlichen Glückwunsch Dad, du bist Grandpa geworden! Jolene, das ist dein Opa Frank.

 
 
Patrick kommt mit Jolene, die gleich von Jess`Emily begeistert ist.
Dad, ist das dein Hund?

Jess
Ja, das ist Emily, wir haben viele Tiere auf der Ranch. Das wird dir gefallen.

Opa Frank fällt alles aus dem Gesicht. Er tobt nicht und schreit nicht was Jess schon fast irritiert.
Junge, man kann dich auch nicht in die Stadt gehen lassen ohne dass Sensationen passieren! Kleine Jolene, lass dich mal ansehen! Du bist ja eine Süße und hoffentlich nicht so ein kleines Teufelchen wie dein Dad als kleiner Junge. Jess, dich hat aber jetzt die Vergangenheit knallhart eingeholt. Wie konnte das passieren?

Jess
Hm, ja, ist eben passiert und jetzt auch nicht mehr zu ändern. Jolenes Mutter ist tot und jetzt hat sie nur noch mich. Sie hat übrigens unseren Nachnamen. Da wollte Melva wohl Ärger mit ihren Eltern aus dem Weg gehen. Fragt sich jetzt nur was Laura dazu sagt. Wenn sie noch auf der Double X ist, habe ich noch etwas Galgenfrist.

Opa Frank schüttelt nur seinen Kopf. Um dieses Problem beneidet er seinen Sohn nicht. Das Herz von Opa Frank hat Jolene schon gewonnen und Jess stellt sich seiner Verantwortung und seinen Vatergefühlen.