Angeschlagen wie Jess ist schläft er bis zum Mittag durch. Dann kommt Hetty mit einer warmen Kompresse. Sie schlägt die Bettdecke zur Seite und Jess guckt an sich herunter und stellt fest, dass er nur noch eine Boxershorts an hat. Als moderner Mann seiner Zeit zieht er die Boxershorts den Longjohns vor, die er nur im Herbst und Winter wenn es richtig kalt in den Bergen wird trägt. Eigentlich trägt er nachts Schlafanzüge, die er bei seinen Rodeotouren in Großstädten für sich entdeckt hat. Er würde nie ein Nachthemd wie Frank anziehen wie es damals in dieser Generation üblich war. "Mrs. Bolder, wie bin ich aus meinen Klamotten gekommen? Ich weiß überhaupt nichts mehr. Abbys Laudanum vernebelt mir das Hirn völlig. Mir ist das so peinlich."
Hetty kann sich ein Grinsen nicht verkneifen: "Jess, ich glaube jetzt ist wohl nicht die Zeit für Schamgefühle. Das waren Mr. Takoda und ich. Du musstest aus den nassen Sachen raus. Ich habe meinen Mann Leroy fast drei Jahre gepflegt und wir waren über 30 Jahre verheiratet. Ich weiß wie ein Mann aussieht."
Jess kann nicht anders und muss über Mister Takoda so lachen, dass ihm wieder der ganze Brustkorb weh tut: "Mister Takoda hört sich einfach zu komisch an. Die Cheyenne haben keine Nachnamen Mrs. Bolder. Danke, dass du dich um mich gekümmert hast."
Hetty nimmt ihn an der Hand: "Du brauchst dich nicht für jeden Handgriff bedanken und höre endlich auf mit dem Mrs. Bolder. Dann sage doch Henrietta."
Jess bleibt in seiner hilflosen Lage nichts anderes übrig als Hettys Hilfe anzunehmen. Nach zwei Tagen erwartet er eigentlich, dass wieder Gefühl in seine Beine kommt. Abby hat Hetty gezeigt, dass sie massiert werden müssen damit die Muskeln nicht verkümmern was Hetty regelmässig tut. Dann taucht auch noch am Nachmittag die Gemeindeschwester auf, eine stabile Frau im mittleren Alter, die so breit wie hoch ist. Das System der Gemeindeschwestern ist in den USA sehr etabliert. Sie haben sehr weit reichende Befugnisse fast wie Ärzte. "Mich hat der alte Doc geschickt, ich soll hier zum Rechten sehen was mit dem Sohn seines Freundes Frank ist. Das Verhältnis zwischen ihm und dir Hetty soll ja nicht so besonders gut sein."
Sie zieht Jess an den Armen hoch und schimpft gleich: "Warum hat der Mann keinen Stützverband für die Rippen, warum ist er nicht rasiert?"
Jess fühlt sich überfallen: "Lass mich sofort los! Meine Kinder passen auf mich auf und vor allem Henrietta. Ich brauche dich nicht. Außerdem kommen meine Frau und mein Vater ja auch irgendwann wieder. Beehre ruhig einen anderen armen Teufel mit deiner Anwesenheit."
Hetty schüttelt nur ihren Kopf: "Ich will Jess nicht quälen. Mit dem Auge und der geschwollenen Gesichtshälfte ist ein Dreitagebart kein Unglück und die Ärztin hat auf einen Stützverband verzichtet, weil er sowieso liegt und nicht laufen kann. Ich denke, wir kommen auch ohne deine Hilfe klar."
Dann schiebt Hetty die Gemeindeschwester sehr bestimmt zur Tür hinaus und verabschiedet sie.
Hetty guckt noch einmal zu Jess und zwinkert ihm zu: "Kannst wieder entspannen, sie ist weg!"
Aus Jess bricht es heraus: "Danke, diese Schwester vom Typ Army Sergeant ist das Letzte was ich jetzt brauche, ist so schon alles schlimm genug. Eigentlich sollte ich jetzt die eingefangenen Mustangs zureiten, die Wiesen kontrollieren was wir heuen müssen und und... Bullshit, nichts kann ich machen, nur dumm herumliegen und die Decke anstarren."
Einige Tage später klopft wieder an der Tür. Diesmal ist es Roy, der Sheriff von Laramie. Hetty lässt ihn zu Jess ins Zimmer: "Howdy Jess, du siehst ja furchtbar aus. Ich habe es vom Doc gehört, hatte aber etwas sehr Wichtiges sofort zu erledigen sonst wäre ich schon früher gekommen. Warst du da mit im Spiel? Ich habe ein Telegramm von meinem Vorgesetzten bekommen, Bundesmarshall Wiley Peters. Es war obendrein noch vom Gouverneur unterzeichnet. Es war der Befehl sofort und unverzüglich das Töten der Büffel zu unterbinden. Jess, es wird dich freuen, das wird hier alles National Forest. Der Name wird Medicine Bow National Forest sein. Dazu gehört das Gebiet der Büffel,
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